Wenn Engel reisen - Mecklenburg-­Vorpommern und Polen

Entgegen allen Vorhersagen hochqualifizierter und ebenso hochdotierter angesehener Fernseh­Wetterfrösche hatte die Reisegesellschaft der Parlamentarischen Vereinigung Niedersachsen e.V. (PVN) zu ihrem diesjährigen großen Ausflug vom 15. bis 19. September nach Mecklenburg­Vorpommern und Polen herrliches Altweibersommer-Wetter. Statt des angedrohten Herbstwetters mit Kälte und Regen gab es, mit einer einzigen Ausnahme, jeden Tag Sonnenschein, oft auch strah­lenden blauen Himmel. Ja, wenn Engel reisen....

Die Reise, vom Vorstand der PVN geplant und zusammen mit Geschäftsführer Udo Mientus und Mit­arbeiterin Sabine Sonntag exzellent vorbereitet, organisiert und durchgeführt, ging im Reisebus des Reisedienstes Rinder in Barsinghausen von Hannover nach Stralsund und Waren/Müritzsee, Rostock - Insel Usedom - Swinemünde (Polen) - Insel Rügen - Warnemünde -Wismar und Schwerin. Im "cock­pit" saß wieder der den meisten Teilnehmern gut bekannte Peter Schenk, der die Reisegesellschaft ebenso unaufdringlich wie umsichtig, immer pünktlich und zupackend, vor allem aber mit seinem großartigen fahrerischen Können sicher über die insgesamt 1.700 Kilometer der Fünf-Tage-Tour chauffierte.

Höhepunkt der wie immer sehr interessanten, wenn auch manchmal recht strapaziösen Reise unter der Leitung des Vorsitzenden Ulrich Biel war im politisch-parlamentarischen Teil sicher gleich der zweite Tag, 16. September, bei den polnischen Kommunalpolitikern mit dem Empfang durch die stellvertretende Stadtpräsidentin (Bürgermeisterin) der polnischen Stadt Swinemünde (Swinousjscie) gemeinsam mit den Kommunalpolitikern der Gemeinde Heringsdorf (Usedom) und einer außeror­dentlich interessanten Diskussion, sowie am letzten Tag der Besuch des Landtags von Mecklenburg­Vorpommern in Schwerin mit dem Empfang durch die Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider und den Präsidenten der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtags Mecklenburg-Vorpommern, Eberhard Hoppe, im herrlichen historischen Schweriner Schloss. Unvergessen und sehr eindrucksvoll und emotional war der Besuch der Kriegsgräber- und Gedächtnisstätte Golm auf Usedom bei der Jugend-Begegnungs- und Bildungsstätte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Beim tou­ristischen Teil der Reise standen neben dem Müritzsee sowie den Halbinseln Usedom und Rügen die alten Hansestädte und Ostseebäder Stralsund, Rostock, Wismar und Schwein im Mittelpunkt. Es war außerordentlich beeindruckend zu sehen, welcher Wandel sich vor allem im äußeren Erscheinungs­bild nach der Wende von !989/90 in der ehemaligen DDR vollzogen hat.

Für die Reiseteilnehmer war diese Reise mit vielen neuen, oft unerwarteten Eindrücken und Begeg­nungen ein großer Gewinn und wiederum ein unvergessliches Erlebnis. Über alle Partei- und Frakti­onsgrenzen hinweg bildete sich wieder eine Gemeinschaft der Parlamentarier und ihrer mitreisenden Begleitung, die eine ebenso erlebnisreiche wie harmonische Reise im Gedächtnis haften lässt.

Am Sonntagmorgen, 15. September, in aller Frühe ging die Reise los. Einige Teilnehmer kamen schon mit dem Reisebus aus Barsinghausen, andere warteten geduldig am Omnibusbahnhof neben Hanno­vers Hauptbahnhof. Groß war wieder das Hallo bei der Begrüßung. Es gab für die meisten, die sich schon von früheren Reisen kannten, ein fröhliches Wiedersehen; "Neulinge" wurden gern willkom­men geheißen. Man kannte und man schätzte sich, und es war schon komisch: Im Bus fand (fast) jeder "seinen" angestammten Platz.

Alle Mann an Deck auf dem Müritz-See

Leichter Nieselregen bei der Abfahrt verhieß nichts Gutes. Und als dann auch noch die Meldung von einem stundenlangen Stau auf der Autobahn kam, waren unsere Reiseexperten gefragt - und die moderne Technik. Hier zeigte sich, wozu Handy, I-Phone, I-Pad und wie die Dinge alle heißen, gut sind. Außerdem hatte Peter Schenk das "Navi". Also wurde die Fahrtroute geändert, es ging auf der Autobahn A 2 nach Osten durch Sachsen-Anhalt über den Berliner Ring und dann schnurstracks nach Norden bis zum Müritzsee. Von Stunde zu Stunde wurde der Himmel heller, es lockerte auf.

Pünktlich um 14 Uhr wurde Waren erreicht. Im Sturmschritt ging es durch den Hafen und an Bord des wartenden Fahrgastschiffes der Weißen Flotte zur dreistündigen 4-Seen- und Kanal-Fahrt. Zu­nächst verkroch sich die Reisegesellschaft unter Deck. Warmes Essen und Trinken lockten nach der langen Busfahrt. Nach und nach verschwanden immer mehr nach oben an Deck. Wider Erwarten und völlig überraschend war die Sonne herausgekommen. Bald waren "alle Mann an Deck" und bestaun­ten die phantastische Landschaft und vielfältige Vogelwelt vom Fischadler bis zum Eisvogel. In drei Stunden durchkreuzte das Schiff bei ruhiger See und kaum Wellengang und Temperaturen zwischen 17 und 19 Grad den Müritz-, Kölpin-, Fleesen- und Plauer See. Um 17.30 Uhr wartete der Bus am Hafen, und die Reise ging zum "Stammquartier" nach Rostock ins Vier-Sterne-Hotel Radisson Blu, übrigens eine gute Wahl, wie sich schon bald herausstellte.

Aber es war ja Sonntag und Landtagswahl in Bayern. Auch hier machte es die moderne Technik mög­lich, dass um Punkt 18 Uhr die Wahl-Prognose abgelesen werden konnte und sich wie ein Lauffeuer im Bus verbreitete: Ministerpräsident Seehofer und die CSU absolute Mehrheit, FDP raus aus dem Landtag; Die SPD hielt sich bei 20 %, Grüne und Freie Wähler enttäuschten, es gab keine Chance für einen Regierungswechsel. In den folgenden Hochrechnungen änderte sich kaum etwas. Wie das so ist im Leben und in der Politik: Hier Freude und Zuversicht, dort Enttäuschung und Ärger - je nach Par­teizugehörigkeit. Spekulationen schossen ins Kraut, man war ja unter Politikern, und eine Woche später war die Bundestagswahl. Die Meinungen gingen, wiederum je nach Parteizugehörigkeit, aus­einander. Es gab Hoffnung allenthalben. Noch war alles offen...

Mit einem gemeinsamen Abendessen im Hotel mit Wiedersehensfreude und Kennenlernen endete der erste Reisetag. Noch kam keine ausgelassene Fröhlichkeit auf. Stundenlange Bus- und Schiffsfahrt forderten ihren Tribut. Doch die Unentwegten trafen sich natürlich an der Bar.

Tiefe Spuren am Golm

Am Montag, 16. September, stand die Insel Usedom auf dem Programm. Abfahrt pünktlich 8.15 Uhr mit dem Bus, und nach drei Stunden war das Ziel erreicht. Wir wurden erfreulicher Weise den ganzen Tag vom Vorsitzenden der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtages Mecklenburg­Vorpommern e.V., Herrn Eberhard Hoppe, begleitet. Erste Station war die Haffgemeinde Kamminke am Stettiner Haff und der Golm - ein Name, mit dem die meisten Teilnehmer (noch) nichts anzufan­gen wussten. Dabei war es neben Halbe und den Sehlower Höhen in Brandenburg einer der letzten großen Brennpunkte am Ende des 2. Weltkriegs mit Millionen Toten vor der Einnahme Berlins durch die Rote Armee und der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945.

Der Golm, der Hausberg der Kamminker, mit 69 Meter Höhe die höchste Erhebung auf der Insel Use­dom, unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze ist heute Kriegsgräber- und Gedächtnisstätte sowie Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und größte Kriegsgräberstätte Mecklenburg-Vorpommerns. Ausgerechnet hier, in unmittelbarer Nähe des früheren deutschen Marinehafens Swinemünde und der Produktionsstätte der letzten "Wun­derwaffen" V 1 und V 2 der deutschen Wehrmacht in Peenemünde, hat der letzte Weltkrieg tiefe Wunden gerissen und riesige Opfer gefordert. Ein Augenzeuge berichtete: "Die furchtbaren Ereignis­se des Zweiten Weltkriegs hinterließen in dieser idyllischen Landschaft traurige Spuren. Im Sommer 1944 entstand auf halber Höhe des Golm ein Soldatenfriedhof. Mehr als 250 Marinesoldaten, darun­ter die Besatzung eines gesunkenen U-Bootes, und mindestens tausend Soldaten von Heer und Luft­waffe fanden hier bis Kriegsende ihre letzte Ruhe. Anfang März 1945 war Swinemünde mit Flüchtlin­gen und Soldaten überfüllt. Am östlichen Swineufer warteten kilometerlange Trecks auf die Überfahrt. Im Hafen lagen etliche vollbesetzte Schiffe mit Flüchtlingen aus Hinterpommern, West- und Ostpreu­ßen. Auf dem Bahnhof standen überfüllte Lazarett- und Flüchtlingszüge zur Abfahrt bereit, als 671 amerikanische Bomber am 12. März 1945 die Stadt mit ungeheurer Bombenlast in ein brennendes Inferno verwandelten. Der Angriff galt dem Hafen, der auch von der deutschen Kriegsmarine genutzt wurde. Nach Schätzungen starben bis zu 20.000 Menschen, besonders viele Frauen und Kinder, in der Mittagsstunde des 12. März 1945. Den Überlebenden bot sich ein grauenvolles Bild. Die Front war nahe und weitere Flüchtlinge strömten in die stark zerstörte Stadt. Manches Opfer fand seine letzte Ruhe in Bombentrichtern und in Massengräbern. Mehrere Tausend Bombenopfer wurden mit Pferde­gespannen und Lastwagen zum Golm gebracht  "

Arbeit für den Frieden - Versöhnung über den Gräbern

Dr. Nils Köhler, Leiter der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte Golm, Historiker aus Springe, emp­fing die niedersächsische Reisegesellschaft der Parlamentarischen Vereinigung im Haus des Volks­bundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in der ehemaligen Kamminker Dorfschule. Engagiert erzählte er den Besuchern von seiner Projektarbeit unter dem Motto "Versöhnung über den Gräbern - Arbeit für den Frieden - Fremde werden Freunde", die er vor dem Hintergrund der dramatischen und tragi­schen Ereignisse im letzten Weltkrieg auf diesem kleinen Fleckchen Erde unmittelbar an der heutigen Grenze zu Polen angeht. Am 1. März 2000 war die größte Kriegsgräberstätte des Bundeslandes in die Trägerschaft des Volksbundes übergegangen, der damit die Pflege und Erhaltung des Friedhofs über­nommen hatte. Er war vor allem in der Nachkriegszeit unter der sowjetischen Besatzung und dem DDR-Regime - gelinde gesagt - stark vernachlässigt bzw. vergessen worden. Am 12. März 2005 hatte der Volksbund auch die nur 400 Meter entfernte Jugendbegegnungsstätte Golm in Kamminke in sei­ne Obhut übernommen, deren Aufgaben von einer 1992 gegründeten privaten "Interessengemein­schaft Gedenkstätte Golm" wahrgenommen worden waren.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. ist anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und betreibt als einziger Kriegsgräberdienst der Welt eine eigene Jugend- und Schularbeit. Unter dem Motto "Arbeit für den Frieden - Versöhnung über den Gräbern" treffen sich jährlich über 10.000 junge Menschen aus verschiedenen Ländern in "Workcamps", Jugendbegegnungs- und Bildungsstät­ten im In- und Ausland, um sich gegenseitig kennen zu lernen, gemeinsame Freizeiten zu erleben, auf Kriegsgräber- und Gedenkstätten zu arbeiten und sich mit der deutschen und europäischen Ge­schichte auseinander zu setzen.

Unter dem Eindruck des Erlebten und in Anerkennung der Arbeit der Jugendbegegnungs- und Bil­dungsstätte Golm beschloss der Vorstand der Parlamentarischen Vereinigung Niedersachsen e.V. spontan, den Leiter Dr. Nils Köhler mit 250 Euro zu unterstützen. Der PVN-Vorsitzende Ulrich Biel erklärte, der Besuch hier am Golm sei ein Höhepunkt der Reise und ein unvergessliches Erlebnis ge­wesen.

(Über die Arbeit des Volksbundes berichtet der mitgereiste Landtagspräsident a.D. und heutige Prä­sident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Landesverband Niedersachsen, Professor Rolf Wernstedt, gesondert in einem Bericht im Anschluss an diesen Reisebericht.)

Nach der Besichtigung des riesigen Waldfriedhofs mit seinen vier großen Gräberfeldern für die gefal­lenen Soldaten, für die Toten der Flüchtlingstrecks und vor allem für die riesigen Opfer des Bomben­angriffs amerikanischer Flieger am 12. März 1945 legte die niedersächsische Reisegesellschaft auf dem höchsten Punkt der Anlage ein Blumengebinde mit Schleifen nieder und gedachte in einer Ge­denkminute der Opfer des wahnsinnigen Krieges.

Zum Mittag erlebten die Niedersachsen dann, was ihnen auf ihrer Reise entlang der Ostseeküste jeden Tag immer wieder begegnete: Ein Fischrestaurant am Wasser und in frischer Luft mit einer Räucherei von Fischen jeglicher Art und Herkunft. Manchmal war es auch nur eine einfache Räucher­bude. Doch diesmal saß die Reisegesellschaft in der idyllischen, verglasten, reetgedeckten Panorama­terrasse namens "Klönsnack" der Fischräucherei Kamminke direkt am Wasser und ließ sich die frisch geräucherten Fischspezialitäten schmecken.

Über die Grenze auf nach Polen

Am Nachmittag des 16. September folgte ein weiterer, diesmal politischer Höhepunkt der Reise der Parlamentarischen Vereinigung Niedersachsen e.V.: Die Fahrt nach Polen und der Empfang durch die heute polnische Stadt Swinemünde (Swinousjscie). Die stellvertretende Stadtpräsidentin (Oberbür­germeisterin) Frau Joanna Agatowska empfing die Niedersachsen, gemeinsam mit dem Bürgermei­ster der Gemeinde Heringsdorf, Lars Petersen, in der Stadtverwaltung von Swinemünde - in der äu­ßersten westlichen Ecke Polens. "Die Polen sagen: Hier ist Polen zu Ende. Aber die alten Swinemün­der sagen: Hier fängt Polen an", meinte die Gastgeberin.

Swinemünde, die "Stadt der 44 Inseln", von denen aber nur drei bewohnt sind, Usedom, Wollin und Karsibor, die alle nur mit Fähren zu erreichen sind, und rund 39.000 Einwohner hat, gehört seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu Polen. Sie ist wichtiger Standort maritimer Wirtschaft, Militärhafen und vor allem Tourismus- und Kulturort. Seit der Mitgliedschaft Polens in der Europäischen Union im Jahr 2004 und dem Schengener Abkommen 2007 (freizügige Grenzöffnung für EU-Bürger) ist das wichtigste und leidige Thema "Grenze" auf der gemeinsamen Insel Usedom in den Hintergrund ge­treten. Sie ist, wie Frau Agatowska und Lars Petersen betonten, praktisch verschwunden. "Wir be­trachten die Insel wieder als Einheit und versuchen, die Probleme gemeinsam zu lösen", sagte die polnische Kommunalpolitikerin. So gibt es gemeinsame Angebote besonders für Tourismus und Erho­lung, für Sport und Kultur. Dabei sind die Deutschen die meisten und wichtigsten Gäste für Polen. Ein Problem auf polnischer Seite sei allerdings immer noch, dass es keine Straße, sondern nur eine Fähre zwischen der westlichen Wohn- und Kernstadt mit breitem Strand und Promenade an der Ostsee auf Usedom und dem östlichen Stadtteil Swinemündes mit Hafen und Industrie auf der Insel Wollin über die Swina und zu allen Inseln gibt.

Aber das größte Hindernis für die Verständigung sei immer noch die Sprache. Die Polen sagen, Deutsch sei außerordentlich schwierig, umgekehrt tun sich die Deutschen mit der polnischen Sprache außerordentlich schwer. Man sei sich einig, dass die künftige Bürgerverständigung am besten über die Jugend und die Kultur zustande komme. Deshalb werde ein gegenseitiger Austausch zwischen Kindergärten und Schulen angestrebt. Allerdings stehen sich die verschiedenen Schulsysteme und die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen noch im Wege.

Die Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene zwischen der Stadt Swinemünde auf der östlichen und dem Landkreis Ostvorpommern-Greifswald auf der westlichen Seite funktioniert recht gut, wie die polnischen und deutschen Politiker betonten. Wichtig waren der Wirtschaftsvertrag von 1998, in dem u.a. eine gemeinsame Raumplanung, Bauwesen, Umweltschutz und Schulfragen geregelt sind, und der Partnerschaftsvertrag von 2007 zwischen Swinemünde und Heringsdorf, in dem vor allem EU-Projekte, Bus- und Schienennetz im Vordergrund stehen, besonders aber die grenzübergreifende

Zusammenarbeit bei kommunalen Projekten sowie Investitionen in Tourismus und kulturelle Einrich­tungen beschlossen wurden. Hinzu kommt nach einem weiteren Vertrag von 2008 die Zusammen­arbeit in Bildungseinrichtungen, Kindergärten und Schulen, das Lernen und die Pflege der jeweils anderen Sprache.

Heringsdorfs Bürgermeister ergänzte, der Tourismus, die größte Einnahmequelle auf Usedom, würde für die deutschen Ostseegemeinden ohne polnische Mitarbeit und Zusammenarbeit nicht funktionie­ren. Der Vorsitzende Ulrich Biel dankte im Namen der niedersächsischen Politiker für den interessanten Ein­blick in ein internationales kommunales "Grenz"-Thema, das Binnenländern gemeinhin unbekannt und verschlossen ist. Er überreichte der polnischen stellvertretenden Stadtpräsidentin ein nieder­sächsisches Gastgeschenk und wünschte beiden Grenzgemeinden auf Usedom eine weitere gute gemeinsame Entwicklung, damit sie am praktischen Beispiel europäischer Zusammenarbeit einen guten Beitrag für den Erhalt des Friedens in Europa leisten.

Wie die Beseitigung von Trennungslinien aussieht, erfuhren die Niedersachsen bei einem anschlie­ßenden Spaziergang im Sonnenschein auf der "Europa-Promenade", dem mehrere Kilometer langen Fuß- und Radweg von Swinemünde nach Ahlbeck-Heringsdorf entlang der Ostseeküste zum alten und neuen Grenzübergang. Während der sowjetischen Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg und der Herrschaft des DDR-Regimes spielte der genaue Verlauf der Grenze zwischen Polen und Deutschland, die 1945 auf der Potsdamer Konferenz der Siegermächte als Oder-Neiße-Grenze beschlossen worden war, keine Rolle. Sie wurde zwar später zwischen Polen und der sowjetischen Besatzungsmacht et­was korrigiert, aber erst nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Ende der DDR erstmals genau vermessen und festgelegt. Dabei stießen natürlich die Interessen von beiden Seiten hart auf einander. Erst das Schengener Abkommen mit dem freien Grenzverkehr zwischen EU-Staaten brach­te den Durchbruch. Symbolisch ist nun der ehemalige Grenzübergang des Fuß- und Radwegs zwi­schen Swinemünde und Ahlbeck gekennzeichnet. Unmittelbar auf dem früheren Todesstreifen wurde ein Erinnerungsplatz geschaffen und dabei der ehemalige Grenzverlauf durch eine blau gepflasterte Linie genau markiert. Von dort geht es dann in nördliche Richtung über einen Holzbohlendamm di­rekt zur Ostsee.

Seinen Abschluss fand der ereignisreiche Tag am Abend im Hotel Maritim Kaiserhof in Heringsdorf unmittelbar am Meer bei einem Buffet, auf dem wiederum geräucherte Fischspezialitäten im Mittel­punkt standen. Es war ein lauschiger Spätsommerabend bei etwa 16 Grad Luft und 18 Grad Wasser­temperatur. Die mehrstündige Rückfahrt im Omnibus ins Stammquartier nach Rostock überstanden die meisten Teilnehmer durchweg schlafenderweise.

Hansestadt Stralsund und die Insel Rügen

Dienstag, 17. September: Nach dem politischen Teil am Vortag kam jetzt der touristische Teil der Reise der Parlamentarischen Vereinigung Niedersachsen e.V.. Die ehemalige Hansestadt Stralsund und die Insel Rügen standen auf dem Programm. Zu "unchristlicher" Zeit, morgens um 7.45 Uhr, war Treffen zur Abfahrt mit dem Bus. Allerdings versöhnte das Wetter die Reisegesellschaft, denn es meinte es besonders gut mit ihr: Die Sonne strahlte vom fast wolkenlosen blauen Himmel und ver­sprach für die Stadt- und Inselbesichtigung wohlige Wärme.

Um 9.30 Uhr erwartete der Fremdenführer die niedersächsische Reisegesellschaft am Stralsunder Frankenwall. Es sei hier schon angemerkt, dass uns der etwas ältere Herr, ein "Ur-Einwohner" der Stadt, den ganzen Tag begleitete und mit außerordentlich interessanten Informationen, wohl dosiert, versorgte, kompetent und teilweise lustig, dabei nicht aufdringlich oder belehrend. So erfuhren die Niedersachsen, dass Stralsund im 14. Jahrhundert nach Lübeck die bedeutendste Hansestadt im süd­lichen Ostseeraum war. Nach dem Niedergang der Hanse nahm die Bedeutung ab, die Bewohner lebten weiterhin vom Handel und Schiffbau - übrigens bis vor einem Jahr! Schon hier ist einzuflech­ten, dass Stralsund, das am 1. Mai 1945 von der Roten Armee erobert worden war, in der DDR-Zeit mit der Volkswerft die größte Schiffswerft an der Ostseeküste besaß und ununterbrochen Schiffe für die Sowjetunion baute - "teilweise im 10-Tage-Rhythmus". Die Werft war auch nach der Wende noch größter Arbeitgeber, bis sie vor einem Jahr Pleite machte.

Stralsund, am Strelasund, einer Meerenge der Ostsee, gelegen, war viele Jahrhunderte Festungsstadt und Brückenkopf von Schwedisch Pommern zur Verteidigung gegen die Dänen. Als Napoleon die Stadt 1806 eroberte, ließ er die Befestigungen und die Stadtmauern schleifen. Unter der preußischen Herrschaft im 19. Jahrhundert wurden die Befestigungen 1873 endgültig beseitigt, bis auf einige "Reste" und drei Stadttore, von denen heute noch zwei erhalten sind.

Während Stralsund nach dem letzten Weltkrieg unter der sowjetischen Besatzung und dem sozialisti­schen DDR-Regime nicht nur, außer der Werft, in wirtschaftlichen Tiefschlaf verfiel, sondern auch die Altstadt mit dem historischen Stadtkern und dem alten Hafen völlig verkommen ließ und dafür riesi­ge Plattenbausiedlungen erstellte, wurde sie nach der Wende 1990 Modellstadt der Städtebau­förderung in den neuen Bundesländern. Stralsund wurde mit Hilfe von Programmen zum städtebau­lichen Denkmalschutz gründlich saniert, und hier wurde das Programm "Städtebau Ost - Wohnen und Bauen" eingeleitet. Inzwischen sind 80 Prozent des Wohnungsbestandes saniert, restauriert und wieder bewohnt. Nur noch wenige Spuren erinnern an die schrecklichen Verwüstungen durch alliier­te Bombenangriffe im letzten Krieg und an die anschließende "Maroditis" der DDR. Allerdings ist die Einwohnerzahl Stralsunds seit 1989 von über 75.000 inzwischen um 15.000 Personen gesunken. Dennoch ist die Stadt heute mit rund 58.000 Einwohnern eine der am dichtesten besiedelten Städte Mecklenburg-Vorpommerns. Seit 2002 ist Stralsunds Altstadt mit dem erhaltenen Ensemble der Fe­stungsruinen UNESCO Welterbe "Historische Altstädte Stralsund und Wismar".

Von der Arschkerbe und den Bismarckheringen

Beim Gang durch die Altstadt machte uns der Reiseführer mit einem der ältesten Gässchen bekannt, das, vermutlich wegen seines Aussehens mit den an beiden Seiten eng zusammenlaufenden Häusern, Arschkerbe hieß. Vor einiger Zeit wurde es allerdings umbenannt, weil niemand in seiner Postadresse die Anschrift Arschkerbe haben wollte.

Und noch eine Anekdote, deren Wahrheitsgehalt verbürgt ist, erzählte uns der Stadtführer: Stralsund ist die Stadt der "Erfindung" der Bismarck-Heringe. Und das kam so: Fürst Otto von Bismarck, be­rühmter preußischer Staatsmann des 19. Jahrhunderts, war 1856 bei seinem Freund Fürst Wilhelm I. von Putbus in Putbus auf Rügen zu Gast und arbeitete an einer neuen Reichsverfassung. Zum Essen fuhren die beiden hohen Herren oft nach Stralsund und kehrten in der Fischerei Wichmann ein. Die eingelegten Heringe schmeckten dem Fürsten Bismarck so gut, dass er immer wieder hierher zum Essen kam. Schließlich fragte ihn der alte Fischersmann, ob Bismarck damit einverstanden wäre, wenn er, Fischer Wichmann, den Gästen erzählte, dass der große Staatsmann Bismarck Wichmanns Heringe besonders schätzt und gern isst. Der Fürst zeigte Verständnis für die Geschäftstüchtigkeit seines Fischwirtes und willigte gern ein. Fortan hießen die eingelegten Heringe aus Stralsund in aller Welt "Bismarck-Heringe".

Nun geht die Anekdote aber noch weiter: Im Jahr 2009 war der amerikanische Präsident George W. Bush, jun. auf Staatsbesuch in Deutschland. Es war gerade Bundestagswahlkampf, und so lud die Bundeskanzlerin Angela Merkel den hohen Gast in ihren Wahlkreis Stralsund ein. Abends, nach dem Wildschwein-Grillen, erhielt der Präsident als Gastgeschenk die Spezialität der Stadt Stralsund: Ein kleines Fässchen Bismarck-Heringe. Der Präsident nahm erfreut und dankend an. Heute kann man indessen in den kürzlich erschienenen Memoiren der Präsidenten-Gattin Paula Bush lesen: "Wir haben damals gedacht, wir sollten vergiftet werden und haben die Bismarck-Heringe weggeschüttet".

Auf Rügen, Deutschlands größter Insel

Von Stralsund, dem Tor zur Insel Rügen, ging es um 11 Uhr im Bus hinüber auf Deutschlands größte Insel mit einer Fläche so groß wie Berlin; von Süd nach Nord sind es 52 Kilometer, von West nach Ost 42 Kilometer, und einmal rund um die Insel 600 Kilometer. Insgesamt gibt es auf Rügen 60 Kilometer Sandstrand. In seinen vier Städten Bergen (Hauptstadt), Sassnitz (Hafenstadt), Putbus (ehemalige Fürstenresidenz) und Garz (älteste und kleinste Stadt) sowie vor allem seinen Weltberühmten Ost­seebädern Binz, Sellin, Göhren, Baabe und Thiessow und 38 weiteren Gemeinden hat Rügen, dessen historischer und lateinische Name Rugice ist, rund 68.000 Einwohner. Wegen seines einzigartigen Buchenbestandes, den Urbäumen Europas, im Nationalpark Jasmund im Nordosten der Insel samt den auffallenden, weithin sichtbaren Kreidefelsen mit dem 118 Metern höchsten Kreidefelsen König­stuhl hat die UNESCO der Insel Rügen im Jahr 2011 den Status "Weltnaturerbe" verliehen.

Rügen ist auf dem alten Rügendamm oder, seit 2007, auf der parallel verlaufenden 4,1 Kilometer langen Rügenbrücke mit einer Durchfahrtshöhe von 42 Metern zu erreichen. Wir bevorzugten mit dem Omnibus die neue Brücke, hatten eine hervorragenden Überblick über Land und Meer und fuh­ren auf der Bundesstraße 96 über die Hauptstadt Bergen nach Sassnitz im Nordosten und bestaunten die Kreidefelsen von Jasmund. Natürlich stand auch die Fahrt durch den Nationalpark und die "Er­steigung" des 118 Meter hohen Königstuhls auf dem Programm. Für viele Reiseteilnehmer war es eine Erstbesteigung. Ein weiter Blick über das Meer und ein kurzer Blick hinunter auf die Kreidewän­de belohnten die Strapazen.

Dann ging es nach Süden Richtung Binz. Hier erfuhren die Niedersachsen, wie sich ein berühmtes Seebad in wenigen Jahrzehnten wandeln kann. Gleich nach dem letzten Weltkrieg nach der Erobe­rung der Insel durch die Rote Armee wurde ein Teil der sowjetische Flotte hier stationiert. Die Besat­zungsmacht richtete das Hauptquartier auf einem der schönsten Fleckchen der Insel hoch über dem Hafengelände mit Meerblick ein. Daneben wurden große Kasernenanlagen gebaut. Unter dem DDR- Regime besetzt der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) die besten Plätze für Neubauten am Meer, ein großes Viertel mit typischen Plattenbauten wurde errichtet, private Hotels und Pensionen wurden enteignet, der Ort verkam zusehends. Nach der Wende hat der Wiederaufbau stattgefunden, vieles wurde renoviert und modernisiert, es gibt inzwischen viele private Parkresidenzen und Eigen­tumswohnungen. Binz hat heute 5.000 Einwohner und 15.000 Gästebetten.

Wie die Faust aufs Auge passen dazu die Reste und Ruinen des gigantischen Projekts "KdF-Strand- bad" aus der Zeit des Nationalsozialismus. Eine 3,5 Kilometer lange Ferienanlage am Strand mit Zwei- Bett-Zimmern in riesigen Blocks für 20.000 Urlauber war geplant, mit dem Bau wurde begonnen. Doch der Kriegsbeginn machte einen Strich durch die Rechnung, halbfertig wurden die Bauarbeiten eingestellt. Fertige Teile der Anlage wurden im Krieg als Militärschulen genutzt. Nach dem Krieg "hausten" hier die Russen, nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Danach wurden die Bauruinen als Flüchtlingsunterkünfte genutzt, dann zog die Nationale Volksarmee (NVA) für einige Zeit ein, aber bis heute gibt es keine vernünftige Verwendung, zumal die vor sich hingammelnden Reste einstmaligen NS-Größenwahns unter Denkmalsschutz stehen.

Über die Serpentinen oberhalb des ehemaligen sowjetischen Hauptquartiers ging es mit dem Bus hinunter zum alten Hafen. Mittagessen und freie Zeit zur eigenen Verfügung standen auf dem Pro­gramm. Urige Fischerbuden oder moderne Fischrestaurants luden zu Fischgerichten aller Art ein. Bei manchem tat es auch ein Fischbrötchen.

Die nächste Station war das Seebad Sellin, berühmt durch seine Wilhelmstraße, die Prachtstraße mit vielen Prachtbauten zu beiden Seiten im Stil der Bäderarchitektur, angelegt 1896 von Fürst Wilhelm I. zu Putbus - vom "Grünen Steg" zu einer prächtigen Allee mit Promenadenwegen und dem ersten Hotel am Platze "Fürst Wilhelm". Die Wilhelmstraße führt schnurstracks auf die Ostsee zu und auf die ebenso berühmte Seebrücke, die hier 1993 gebaut wurde und historischen Pfahlbauten nachemp- funden ist. Eine breite Treppe und ein Steg von 394 Meter Länge führen heute in die Ostsee hinaus zu dem neuen Wahrzeichen ganz in Weiß mit roten Dächern in schönster Bäderarchitektur.

An der Seebrücke", dem "schönsten Punkt der Insel", empfing Reinhard Liedtke, seit 26 Jahren Bür­germeister in Sellin, die niedersächsischen Gäste und präsentierte stolz seine Heimatgemeinde, eben die Seebrücke, Schiffsanleger der Weißen Flotte und Urlaubsparadies mit Europas größter Tauchgon- del sowie die völlig renovierte Wilhelmstraße. Er machte deutlich, dass nach der Wende gerade nie­dersächsische Unternehmen viel für die Gemeinde Sellin geleistet haben. So hat das damalige BHW Hameln (heute Bausparkasse der Postbank) ein Projekt mit rund 300 Ferienwohnungen entwickelt und vermarktet. Weitere Firmen aus Niedersachsen haben die Kanalisation, Straßen und manche Gebäude saniert. Insoweit bestanden und bestehen zwischen Niedersachsen und Sellin gute Kontak­te. Zu den Kontakten erwähnte er besonders unser Vorstandsmitglied, Herr Dr. h.c. Schultze.

Im Bus ging es weiter, quer durch die wunderschöne Insellandschaft, vorbei an Putbus, ehemalige Residenz der Fürsten zu Putbus, ältestes Seebad in Pommern und heute jüngste Stadt und Kultur­hauptstadt der Insel Rügen. Seit Anfang der 19. Jahrhunderts ist Putbus der Stammsitz der Fürsten zu Putbus. Unter der DDR-Herrschaft 1962 wurde das Schloss Putbus gesprengt und 1964 dem Erdbo­den gleichgemacht. Nach der Wende ist der historische Stadtkern mit dem "Circus", dem Marktplatz und Rathaus, der Orangerie und dem Marstall als Theater im Rahmen der Städtebauförderung Ost und des Programms Städtebauliche Denkmalschutz gründlich saniert. Dieses Ensemble an histori­schen Bauten bietet auch heute noch ein ungewöhnliches geschlossenes Stadtbild in Weiß. Von den durchweg weiß gestrichenen Häusern leitete sich der Name "Weiße Stadt" ab. Sehr farbenprächtig und geschmackvoll sind auch die roten Rosenstöcke vor nahezu jedem Haus mit weißen Wänden. So hieß Putbus auch Rosenstadt. Übrigens, den Fürsten von Putbus gehörten rund zwei Drittel der Insel Rügen.

Auf der Rückfahrt fuhren wir diesmal nicht über die moderne neue Hochbrücke, sondern traditionell auf dem alten Rügendamm über den zwei Kilometer breiten Strelasund nach Stralsund und weiter zurück ins Stammquartier Radisson Blu Hotel Rostock.

Rostock und Warnemünde

Mittwoch, 18. September: Auf dem Programm stand Rundgang Rostock und Hafenrundfahrt War­nemünde. Endlich einmal kein gedrängtes, vollgestopftes, minutiöses Programm, sondern auch viel Zeit zur freien Verfügung und Erkundungen auf eigene Faust. Aber ausgerechnet heute, nach drei Tagen Sonnenschein, öffnete der Himmel seine Schleusen, es regnete in Strömen. Doch unsere Reise­leitung ist ja flexibel, und es wird umdisponiert. Statt Stadt-Rundgang im Regen nun Stadt-Rundfahrt im Omnibus, etwa eine Stunde, dann sehen wir weiter.

So saß die niedersächsische Reisegesellschaft im Trockenem und kutschierte durch Rostock, mit 200.000 Einwohnern die größte Stadt und neben Schwerin eine von zwei kreisfreien Städten Meck­lenburg-Vorpommerns. Die Gäste erfuhren von der Stadtführerin u.a., dass sich Rostock etwa 20 Kilometer am Lauf des Flusses Warnow entlang bis zur Ostsee erstreckt, dass auf der westlichen Seite die Stadt und auf der östlichen Seite der Überseehafen, große Gewerbegebiete sowie Wald und die Rostocker Heide liegen. Geprägt ist Rostock durch die Lage am Wasser, den Hafen, übrigens einer der größten deutschen Häfen für Kreuzfahrtschiffe, die Hanse und deren Backsteingotik sowie die 1419 gegründete Universität, die heute, mit Greifswald zusammengelegt, mit rund 15.000 Studierenden der größte Arbeitgeber der Stadt ist. Die Wirtschaft dominieren Schiffbau und Schifffahrt sowie Tou­rismus und Dienstleistungen, hier vor allem Callcenter. Dazu gab es besonders gute technische Vor­aussetzungen, beispielsweise auf dem großen Komplex der ehemaligen Stasi-Zentrale, wo auch das Untersuchungsgefängnis war und 2.500 Stasi-Offiziere ihre Büros hatten.

Im letzten Weltkrieg wurde auch Rostock, wie alle Ostseestädte, durch Bombenangriffe der Alliierten nahezu völlig zerstört. Ziel der britischen und amerikanischen Flieger waren vor allem die Neptun­Werft sowie die Heinkel-Flugzeugwerke als Schwerpunkte der Rüstungsindustrie, wo u.a. zehn U- Boote und hunderte Flugzeuge gebaut wurden. Nach dem Ende des Krieges und unter sowjetischer Besatzung sollte Rostock zu einer "sozialistischen Großstadt" wieder aufgebaut werden. Dazu wur­den ab den 60-er Jahren kriegsbeschädigte Bauten wie die Jakobikirche, das Petritor, die östliche Stadtmauer und das Rostocker Theater abgerissen. Die Nikolaikirche blieb stehen. Sie wurde jedoch zu staatlichen Wohnungen umgebaut. Noch heute kann man im Kirchenkomplex Büros mieten. Fer­ner wurde ein ganz neuer Stadtteil in Plattenbauweise mit über 50.000 Wohnungen erstellt, in denen mehr als die Hälfte aller 250.000 Einwohner lebte. Dagegen verfiel und verwahrloste die Innenstadt. Auch die nördliche Altstadt wurde in den 80-er Jahren komplett abgerissen und durch Plattenbauten ersetzt. Nach der Wende sind die meisten Plattenbauten durch restaurierte und moderne Wohnun­gen ersetzt worden, aus Speichern wurden Bürokomplex und Discos. Das hat vor allem der "Soli" geschafft.

Die Neptun-Werft - Anfang und Ende eines Namens

Ein für Rostock prägendes und besonderes Kapitel ist die Neptun Werft an der von 50 auf 500 Meter verbreiterten Warnow, wo im Laufe der Zeit mehr als 1.500 neue Schiffe gebaut und noch mehr re­pariert und umgebaut wurden. 1856 lief hier das erste Schiff aus Eisen vom Stapel, nachdem bisher nur hölzerne Schiffe gebaut werden konnten. Der erste "eiserne" Schraubendampfer hieß "Erzgroß­herzog Friedrich Franz". Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Rostocker Werft in die sowjetischen Aktiengesellschaft SAG Neptun umgewandelt und musste vorwiegend Reparationsleistungen für die Sowjetunion übernehmen. 1953 wurde sie als Volkseigener Betrieb VEB Schiffswerft Neptun an die DDR übergeben und bis 1989 ständig erweitert. Bis zur Wende zählte sie über 7.000 Beschäftigte. Nach der Wiedervereinigung übernahm die Bremer Vulkan die Werft, musste aber wegen EU- Beschränkungen schon 1991 den Schiffsneubau einstellen. Seit 1997 ist die Rostocker Werft Teil der Papenburger Meyer-Werft und baut vornehmlich lange Flusskreuzfahrtschiffe. Heute sind noch rund 400 Mitarbeiter beschäftigt.

Das ehemalige Werftgelände am Rande der Rostocker Innenstadt, eine große Industriebrache, wurde in letzter Zeit neu belebt. Eine völlig neue "Hafen-City" mit einem riesigen überdachten Einkaufszen­trum ist entstanden. Insbesondere Wohnungen und Bürobauten wurden neu errichtet, nachdem viele alte Gebäude und Anlagen abgerissen waren. Die unter Denkmalschutz stehende große Schiff­bauhalle wurde zum Einkaufsmarkt mit Parkplätzen umgebaut, dabei wurden die Läden als neues Gebäude in die äußere Hülle der Halle gesetzt und das südwestliche Hallenschiff als überdachter Parkplatz genutzt.

Die Astronomische Uhr - ein Welt-Wunderwerk

Die Rostocker Marienkirche ist die größte und Hauptkirche der Stadt und ihr Wahrzeichen mitten im Zentrum, dazu ein großartiges Werk norddeutscher Backsteingotik. Im Chorraum hinter dem Hochal­tar befindet sich die elf Meter hohe Astronomische Uhr, ein technisches Kunst- und Wunderwerk von Weltgeltung und weltweit einzigartig, weil sie als einzige mit ihrem ursprünglichen mittelalterlichen Uhrwerk von 1472 noch bis heute in ihrem annähernd Originalzustand präzise funktioniert. Allerdings muss das seit mehr als 500 Jahren laufende Uhrwerk mit seinen über 2.000 einzelnen Originalteilen gepflegt und oft geölt werden, vor allem aber werden die fünf Werke seit Jahrhunderten Tag für Tag bis heute von einem Küster per Hand aufgezogen.

Ganz oben über der großen Uhr erscheint ein Figurenumzug täglich um 12 und um 24 Uhr, in dem sechs Evangelisten und Apostel am segnenden Christus vorüberziehen. Dazu erklingt der Choral eines Glockenspiels, den der Kantor je nach Kirchenjahreszeit auf der dazugehörigen Walze programmiert. Darunter sieht man das riesige 24-Stunden-Ziffernblatt mit meterlangem Zeiger für Uhrzeit, Sternzei­chen, Sonnen- und Mondphasen und vielen anderen Informationen. Im Untergeschoss ist ein Kalen­darium mit der zwei Meter im Durchmesser betragenden Kalenderscheibe angebracht, die im Uhr­zeigersinn in 365 Tagen einmal herumläuft; dazu sind in über einem Dutzend Ringen alle Monate, alle Monatstage, Tagesbuchstaben, Tagesheilige, Sonnenauf- und -untergänge, Tag- und Nachtlänge und vieles mehr abzulesen. Die letzte Tabelle einer Kalenderscheibe mit allen relevanten Daten reicht von 1865 bis 2017. Und ganz unten links steht der Kalendermann, der mit einem Stab das aktuelle Tages­datum anzeigt - und das seit Jahrhunderten.

Im letzten Weltkrieg wurde die Astronomische Uhr 1943 zum Schutz gegen Bombenangriffe einge­mauert und erst 1951 wieder freigelegt. Sie hat den Krieg heil überstanden, wurde kurz wieder in­standgesetzt und geht präzise wie eh und je.

Die Stadtrundfahrt endete mitten in der Innenstadt auf dem Neuen Markt vor dem Rathaus, einem Backsteinbau aus dem 13./14. Jahrhundert, dem im 18. Jahrhundert eine barocke Fassade vorgesetzt wurde; rundherum gibt es viele Beispiele prachtvoller, Jahrhunderte alter, wieder historisch reno­vierter und modernisierter Kaufmannshäuser. Hier stand die Reisegesellschaft vor verschlossener Tür. Das Rathaus wurde erst um 10 Uhr geöffnet. So hieß es: Regenschirme raus und zu Fuß ein kur­zer Bummel vorbei an den Sehenswürdigkeiten der wieder aufgebauten Innenstadt. Kommunalpolitische Lehrstunde im Rathaus.

Danach gab es im Rathaus, nach der Erläuterung der Stadtentwicklung anhand eines großen Modells aus Metall, eine "kommunalpolitische Lehrstunde". Dazu war überraschenderweise der stellvertre­tende Vorsitzende der Vereinigung ehemaliger Parlamentarier in Mecklenburg-Vorpommern, Götz Kreuzer, langjähriges Mitglied er Linkspartei in der Rostocker Bürgerschaft, erschienen. Von dem Ur- Rostocker Ingenieur und langjährigen Kommunalpolitiker erfuhren die niedersächsischen Landespoli­tiker und ihre Begleitung u.a., wie nach der Wiedervereinigung die ersten freien Wahlen 1946 statt­gefunden haben, bei denen die sozialistische Einheitspartei (SED), aus der zwangsweisen Vereinigung von KPD und SPD in der sowjetischen Besatzungszone unter Walter Ulbricht und Otto Grotewohl hervorgegangen, mit 48,87 % fast die absolute Mehrheit erreichte, die Liberaldemokratische Partei auf 27,7 %, die CDU-Ost auf 20,5 % und der Frauenausschuss auf 1,98 % kamen. Nach der Verhaftung des Rostocker Oberbürgermeisters, der sich gegen den Zwangszusammenschluss von Kommunisten und Sozialdemokraten gewandt hatte, setzte unter den Politikern eine "Massenflucht" in den Westen ein. Die Unzufriedenheit mit der SED-Politik und ihrem politischen und wirtschaftlichen System dau­erte bis zum Volksaufstand am 17. Juni 1953. Nach der Wiedervereinigung verschob sich auch in Ro­stock das politische Bild. Heute bilden 53 Mitglieder die Bürgerschaft als Stadtvertretung. 1990 hatte die damalige Volkskammer der sowjetischen Besatzungszone gesetzlich eingeführt, dass neben dem Präsidenten der Bürgerschaft, der die Sitzungen leitet und die Bürgerschaft nach außen vertritt, noch ein Oberbürgermeister tritt, der von der Bevölkerung direkt gewählt wird und sie repräsentiert. Bei der letzten Oberbürgermeisterwahl wurde der parteilose Roland Methling mit absoluter Mehrheit von den Rostockern wiedergewählt. Der zweitbeste Mitbewerber erhielt gerade mal 16 % der Stim­men. Nach Meinung von Götz Kreuzer gibt es in der Bürgerschaft oft große Auseinandersetzungen, die meistens von Ressentiments und Rechthaberei geprägt sind und immer wieder geschickte Ver­mittlungen fordern, um ein akzeptables Ergebnis zu erzielen. Doch wesentliche Beschlüsse wie der Wirtschaftsplan oder Schulentwicklung werden mit demokratischer Mehrheit gefasst. Bei der letzten Bürgerschaftswahl 2009 in Rostock erhielten die Linkspartei 13 Sitze, die CDU 11, SPD 10, Grüne 6, FDP 4, NPD 2 und Splitterparteien wie Demokratischer Aufbruch, FÜR Rostock - Pro OB, Rostocker Bund, Graue Bürgerfraktion, Sozialistische Alternative SAV und wie sie alle heißen, die restlichen oder keine Sitze.

Pastor Gauck und die Mahn-Gottesdienste

Wie alle Hansestädte so hat auch Rostock eine Marienkirche. Durch zwei Aspekte erregte sie das besondere Interesse der niedersächsischen Reisegesellschaft: Durch die Astronomische Weltuhr, wie wir oben gesehen haben, und als "politischer Ort" vor der Wende. Schon Mitte 1989 fanden in der Marienkirche die ersten Mahn-Gottesdienste unter der Leitung des damaligen Pastors Joachim Gauck statt. Die Kirche wurde zum Anlaufplatz oppositioneller Kräfte. Wie Götz Kreuzer, der den Umsturz in der DDR hautnah miterlebt hat, jetzt als Zeitzeuge in einem Gespräch sagte, war Joachim Gauck da­mals ein "einfacher, normaler, ganz unpolitischer Pfarrer", der aber den Zug der Zeit erkannt hatte und seine seelsorgerische Tätigkeit der politischen Entwicklung anpasste. Die Friedengebete nahmen immer mehr politische Gestalt an, allerdings waren sich die Rostocker einig, dass bei Demonstratio­nen keine Gewalt angewendet werden sollte. "Randale fand nicht statt", sagte Kreuzer, "alle Demos verliefen friedlich und ohne Chaos." Deshalb habe es, im Gegensatz etwa zu Leipzig, in Rostock auch keinen Polizeieinsatz gegeben. Als Ende November 1989 ein "Runder Tisch" gebildet wurde, um den politischen Umbruch aktiv mitzugestalten, sei für Pastor Gauck die öffentliche, politische Arbeit der Kirche in Rostock erledigt gewesen. Er haben sich um das Neue Forum gekümmert, "aber ein Robin Hood war er nicht", sagte Götz Kreuzer.

Übrigens wurde Pastor Joachim Gauck später die Ehrenbürgerwürde der Hansestadt Rostock verlie­hen. Er befindet sich damit in guter Gesellschaft, beispielsweise des Generals Blücher, Feldherr in den Freiheitskriegen, dem rund 200 Jahre zuvor diese hohe Ehre zuteil geworden war.

Mittagessen und Hafenrundfahrt in Warnemünde

Nach der Besichtigung Rostocks im Regen ging es zur Mittagspause nach Warnemünde, ein wichtiger Stadtteil des Hansestadt direkt an der Ostsee. Das Programm sah zwei Stunden Zeit zur freien Verfü­gung und um 14 Uhr eine Hafenrundfahrt vor.

Erwähnenswert ist eine Begebenheit, die uns an selige, längst überwunden geglaubte DDR-Zeiten erinnerte. Wir waren zu Dritt und hatten unseren Rostocker Begleiter Götz Kreuzer bei uns. Auf seine Empfehlung kehrten wir in einem (einstmals?) renommierten typischen Hafenrestaurant ein, das uns wegen der draußen mit weißer Kreide auf schwarzer Tafel angepriesenen Spezialität anlockte. Doch als wir drinnen, in dem sehr verwinkelten, überschaubaren Gastraum, in dem von 20 etwa drei Tische besetzt waren, diese Fischspezialität, die auch in der Speisekarte aufgeführt war, bestellen wollten, hieß es, wie früher in der alten DDR: "Das ist aus!" Überhaupt schien sowohl das Bedienungs- als auch das Küchenpersonal vom "Ansturm" von uns drei Gästen stark überfordert. Die Speisekarte wurde uns gleich überreicht, aber bevor wir endlich bestellen konnten, dauerte es rund 20 Minuten. Die Getränke kamen nach weiteren 20 Minuten, und als das Essen endlich serviert wurde, hatte es über eine Stunde gedauert. In der Zwischenzeit hat sich an unserem Tisch kein Kellner gezeigt. Das Essen schmeckte dann ausgezeichnet, und aller Unmut war verflogen. Aber als wir bezahlen wollten, kam niemand zum Abkassieren. Es war auch keine Bedienung im Raum, die man hätte rufen können. Als wir dann doch endlich unser Geld losgeworden waren, waren die zwei Stunden "zur freien Verfü­gung" rum, und wir mussten im Schweinsgalopp über die Fußgängerbrücke, am Bahnhof vorbei zum Schiffsanleger laufen, wo uns die Reisegesellschaft, die von uns keine Unpünktlichkeit gewohnt war und uns schon als "vermisst" ausgebucht hatte, entgegen kam. War dieses Verhalten im Restaurant nun (noch) typisch für die ehemalige Ost-Zone oder nur eine Ausnahme? Immerhin, die Hauptsaison war vorbei. Vielleicht kam deshalb auch das Ausflugsboot eine Viertelstunde später zur Anlegestelle, so dass alle Aufregung umsonst war.

Inzwischen hatte der Regen aufgehört, Stockschirme wurden als Spazierstöcke benutzt, und es ging an Bord. Glücklicherweise konnte man oben an Deck sitzen und die einstündige Fahrt durch den rie­sigen Hafen genießen. Dabei ertönten aus dem Lautsprecher sehr interessante Informationen. So erfuhr die niedersächsische Reisegesellschaft, dass Warnemünde keine eigene Stadt, sondern ein besonderer Stadtteil der Hansestadt Rostock an der nördlichsten Mündung der Warnow in die Ost­see ist. Die Lautsprecherstimme sagte weiter, dass Warnemünde stark maritim geprägt ist und von Schifffahrt und Fischerei, vor allem aber vom Tourismus lebt. Am Alten Strom, einem ehemaligen Mündungsarm der Warnow, befindet sich ein Fischereihafen mit Restaurants, Cafes und Boutiquen. Über eine 1903 gebaute drehbare Bahnhofsbrücke für Fußgänger gelangt man in den Ortskern mit seinen alten, schmalen Gassen und der Kirche. Auf der anderen Seite des Alten Stroms, am Neuen Strom, der heutigen Rostocker Hafeneinfahrt, wurde 2005 ein Passagierterminal für Kreuzfahrtschiffe eröffnet. Zwischen Altem und Neuen Strom erstreckt sich die Bahnhofshalbinsel mit dem alten Fähr­hafen, dem Bahnhof Warnemünde - mit IC-Anschluss nach Hamburg, Berlin und München - und der Mittelmole mit dem Fischmarkt.

Die nach dem letzten Weltkrieg 1946 unter der sowjetischen Herrschaft gebaute Warnow-Werft, ab 1960 größter Schiffbaubetrieb der DDR, wurde nach der Wende "abgewickelt", wechselte mehrfach den Besitzer, stellte 2009 einen Insolvenzantrag, aber kam nie wieder richtig auf die Beine. Dafür blühte die Kreuzfahrtschifffahrt. Von drei Ankünften 1990 stieg die Zahl der ankommenden Kreuz­fahrtschiffe mit über 300.000 Passagieren auf über 180 im vergangenen Jahr. Rostock-Warnemünde erreichte damit wieder einen deutschen Rekord und ist der größte Kreuzfahrthafen Deutschlands. Das größte Kreuzfahrtunternehmen der Bundesrepublik, die AIDA Cruises Reederei, hat hier ihren Sitz.

Warnemünde zählt auch zu den beliebtesten Seebädern Deutschlands, tönte es aus dem Bordlaut­sprecher des Hafenrundfahrtdampfers. Die Gäste sahen dazu ein berühmtes Wahrzeichen, den 1897 gebauten, 37 Meter hohen Leuchtturm Warnemünde, der auch heute noch als Seezeichen genutzt wird und von Touristen bestiegen werden kann. Unmittelbar neben dem Leuchtturm befindet sich der weit über die Grenzen hinaus bekannte "Teepott", der durch sein muschelförmiges Betondach auffällt, nach zehnjährigem Leerstand 2002 renoviert wurde und heute mehrere Restaurants beher­bergt. Von hier aus beginnt die moderne Flaniermeile am Alten Strand sowie die endlos lange Strandpromenade mit einem rund hundert Meter breiten weißen Sandstrand auf fünf Kilometern Länge. Tausende Urlauber strömen jährlich hierher.

Mit einem letzten Blick auf Fähren, Yachten, Ausflugsschiffe und die verschiedensten Hafenanlagen endete für die Niedersachsen die Warnemünder Hafenrundfahrt. Auf dem Programm stand: "Ab 15:00 Uhr Zeit zur freien Verfügung - Freie Abendgestaltung". Die Stunden und der Abend wurden ganz individuell genutzt - zu weiteren Besichtigungen, zum Einkaufen, zum Essen und Trinken oder auch zur Bettruhe.

Gespräche sind ein Gewinn

Unverzichtbar und oft prägend und belebend sind die Gespräche und der "Tratsch", die einfach zu jeder großen, mehrtägigen Reise dazugehören. Man hat bei stundenlangen Fahrten im Omnibus viel Zeit und Gelegenheit zur Unterhaltung mit den Mitreisenden, neben, vor oder hinter einem, ferner bei Spaziergängen während der Besichtigungen oder auch bei den einzelnen Mahlzeiten, bei denen man, gewollt oder ungewollt, mit immer wieder anderen Mitreisenden ins Gespräch kommt. Dabei können alte Freundschaften aufgefrischt, oft auch neue Bekanntschaften geschlossen werden, manchmal lernt man auch andere Mitfahrer näher kennen. Ein Gewinn sind die Gespräche allemal.

So ist auch der erste gemeinsame Begrüßungsabend einer solchen Reise meistens eine fröhliche und spannende Angelegenheit. Man sieht sich nach längerer Zeit wieder, man sieht, wer ist diesmal wie­der mit dabei, oder freut sich, "neue Gesichter " zu sehen. Auch der gemeinsame Abschiedsabend, bei dem man die Reise und die Erlebnisse in vielen Gesprächen noch einmal Revue passieren lassen kann, bleibt oft als Höhepunkt in der Erinnerung haften. Auch wenn zeitweilig etwas Wehmut herrscht und sich Abschiedsschmerz einstellt - "eigentlich" ist die Zeit doch viel zu schnell vergangen, aber es war wieder sehr schön, wir haben viel erlebt und erfahren, und diese wunderbare Reisegemeinschaft… So ist der allgemeine Tenor. Besonders Lustig war es immer, wenn Landtagsvizeprä­sident a.D. Ernst-Henning Jahn (der "Lange Jahn") sich als Allgemeinunterhalter und fröhlicher Sänger entpuppte, dessen Potpourris aus Volks- und Wanderliedern, Schlagern und Moritaten nicht enden wollten.

Bei dieser Reise war kein gemeinsamer Abend eingeplant. Dabei hatte der "Lange Jahn" vorsichtshal­ber seine Liederbücher eingepackt und sich auf den Rundgesang gefreut, bei dem immer die ganze Reisegesellschaft aus Leibeskräften mitsingen kann. Der Versuch, am letzten Mittag vor dem Verlas­sen des Stammquartiers im Rostocker Radisson Blu Hotel ein abendliches Treffen in der Hotelbar zu improvisieren, ging daneben. Bars in Hotels amerikanischer Hotelketten, die in allen Städten der Welt nicht gerade gemütlich sind, sondern eher den Charme dunkler Bahnhofswartesäle ausstrahlen, und wo man nicht "unter sich" ist, eignen sich nicht zu niedersächsischer Fröhlichkeit in intimer Runde bei Wein und Gesang, sondern dafür sind eher urige Kneipen gefragt. Vielleicht das nächste Mal?

Wismar - Schwerin

Donnerstag, 19. September: Es war der letzte Tag der diesjährigen großen Reise der Parlamentari­schen Vereinigung Niedersachsen e.V.. Noch einmal ging es zu unchristlicher Zeit morgens früh um 7.45 Uhr los. Nachdem ausgecheckt, alles bezahlt und das Gepäck im Omnibus verstaut war, hieß es: Ade Rostock. Das Wetter spielte wieder gut mit, und bis zur ersten Station Wismar war es, gemessen an den Anreisen der vorhergehenden Tage, nur ein Katzensprung. Am Zentralen Omnibusbahnhof wartete schon die Stadtführerin auf uns. Bei einem Spaziergang zeigte sie uns die Sehenswürdigkei­ten der nach der Wiedervereinigung völlig neu wieder aufgebauten Innenstadt der mit 45.000 Ein­wohnern (vor der Wende waren es 58.000) kleinsten Hansestadt an der deutschen Ostseeküste.

Dabei erfuhren die Niedersachsen, dass Wismar, wie alle Ostsee-Hafenstädte, im letzten Weltkrieg durch Bombenangriffe britischer und amerikanischer Flieger völlig zerstört wurde. Selbst zwei Wo­chen bevor sich am 3. Mai 1945 zum ersten Male britische und sowjetische Kampftruppen hier in Wismar trafen und englische und kanadische Truppen fast vor den Toren der Stadt standen, haben englische Mosquito-Jagdbomber in einem als "Erprobungseinsatz" deklarierten Angriff mit Luftminen die gesamte Innenstadt in Schutt und Asche gelegt. Am 1. Juli 1945 zog die Rote Armee ein. Wismar gehörte jetzt zur sowjetisch besetzten Zone und erhielt in der DDR-Zeit den nach Rostock zweitgröß­ten Ostseehafen. Nach der Wiedervereinigung wurde der alte historische Stadtkern, bzw. was davon übrig geblieben war, im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms gründlich saniert und wieder aufgebaut. Seit dem Jahr 2002 ist Wismars Altstadt zusammen mit Stralsund UNESCO-Weltkulturerbe mit dem Namen "Historische Altstadt Stralsund und Wismar".

Drei Dinge werden den niedersächsischen Besuchern sicher in mehr oder weniger guter Erinnerung bleiben:

  1. Die größte "Sehenswürdigkeit", großer Anziehungspunkt für Touristen und beliebtestes Fotomotiv in Wismar: Die "Tittentasterstraße" am Markt, eine frühere Seitengasse zur Diebstraße, die so eng war, dass zwei Personen, die sich entgegen gingen, nicht aneinander vorbeikamen, ohne sich zu berühren oder zu "betasten". Inzwischen steht an der Stelle das neu gebaute Hotel "Stadt Hamburg", unter dessen großen Namenszug an der Hauswand ein ganz kleiner Durchgang freigelas­sen wurde mit einem Original-Straßenschild darüber: Tittentasterstraße.
  2. Das schreckliche Straßenpflaster auf fast allen Straßen - kinderkopfgroße, vom Meer rundgewa­schene Pflastersteine, holprig verlegt, dass Autos, die schneller als 30 km/h fahren, kräftig durchge­rüttelt werden und Achsenbrüche befürchten müssen, und Fußgänger nach spätestens einer halben Stunde "lahm" sind.
  3. Eine Stadtführerin, die ihren "Job" sicher nicht so genau nahm und mitten in der Stadtführung, nachdem sich viele ohnehin schon selbständig gemacht hatten, sagte: "Hier hinunter, immer gerade­aus, geht es zum Bus-Parkplatz" - und grußlos verschwand. Dagegen hatte die zweite Gruppe ein besseres Los gezogen, denn sie wurde von einem ehemaligen Mitarbeiter aus der Bauverwaltung Wismar geführt.

Vom Fürstenthron zum Landesparlament

Die letzte Station der Fünf-Tage-Reise bot zum Abschluss noch einmal einen Höhepunkt: Schwerin - die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern und Sitz des Landesparlaments im prächtigen Schweriner Schloss. Mittags um 12 Uhr empfingen die Präsidentin des Landtags von Mecklenburg­Vorpommern, Sylvia Bretschneider, und der Präsident der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern, Eberhard Hoppe, die Mitglieder der Parlamentarischen Vereinigung Niedersachsen e.V. und ihre Begleitung im Schweriner Schloss. Parlamentarische Verei­nigungen fänden immer die volle Unterstützung des Parlaments und seien im Landtag jederzeit will­kommen, sagte die Präsidentin zur Begrüßung. In Mecklenburg-Vorpommern spielten die ehemaligen Abgeordneten immer noch eine wichtige Rolle: "Einmal Politiker - immer Politiker! das endet nicht mit dem Abschied vom Landtag", sagte Frau Bretschneider. Die aktiven Abgeordneten nutzten die Chance, sich von ehemaligen Parlamentariern informieren und unterstützen zu lassen. "Demokratie lebt davon, dass sich alle einbringen." Der Besuch der niedersächsischen Parlamentarischen Vereini­gung, in der aktive und ehemalige Abgeordnete zusammengeschlossen sind, könne auch für Meck­lenburg-Vorpommern ein Vorbild und Gewinn sein, meinte die Schweriner Politikerin. Landtagspräsidentin Bretschneider, die seit 1994 dem Landtag angehört, sagte weiter, dass es heute in ihrem Parlament friedlicher zugehe als zu Beginn des Parlamentarismus nach der Wende, als sich die Abgeordneten "noch mehr an die Köppe gekriegt" hätten. Heute seien aber die NPD- Abgeordneten das große Problem. Man habe mit ihnen keine guten Erfahrungen gemacht, "weil man nie weiß, was sie sich immer einfallen lassen, besonders im Präsidium", betonte die Präsidentin. Ge­gen NPD-Anträge spreche immer nur ein Vertreter der demokratischen Fraktionen. So könne es pas­sieren, das beispielsweise ein CDU-Abgeordneter auch die Linken mit vertreten müsse. Allerdings würden die NPD-Anträge nicht einfach ignoriert, sondern es werde Wert darauf gelegt, öffentlich zu begründen, warum die Fraktionen nicht zustimmen (könnten). "Das sind Probleme und Herausforde­rungen, die es in kaum einem anderen Landtag in Deutschland gibt", erklärte Präsidentin Bretschnei­der. Bisher habe es die NPD jedoch nicht geschafft, einen Keil zwischen die demokratischen Parteien zu treiben. Das Problem des Extremismus gebe es aber nicht nur in der Politik und im Parlament, sondern auch in den Familien und am Arbeitsplatz. Dem müsse man eine aktive Demokratie entge­gensetzen, wie es in Schwerin geschehe, beispielsweise mit dem Bündnis Demokratie gegen Rechts, in dem die Parlamentsfraktionen, Kirchen, Arbeitgeber, Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen vertreten sind.

Die Landtagspräsidentin sagte den Niedersachsen aber auch, dass es in Mecklenburg-Vorpommern auch "schöne Dinge" gibt. So sei das Land ein großartiges Urlaubsparadies, und Schwerin sei "eigent­lich ein Dorf" - alles überschaubar, kompakt und schnell zu erreichen. Das Schweriner Schloss sei nicht nur Sitz des Parlaments, sondern auch das Wahrzeichen der Stadt. Schon der damalige Bundes­präsident Richard von Weizsäcker habe behauptet, Schwerin habe einen Landtagssitz, der seinesglei­chen suche. Der Sitz der Schweriner Herzöge und Großherzöge sei zwar nicht ein Hort der Demokra­tie gewesen, aber - wie nun seit 20 Jahren der Landtag - immer ein politisches Machtzentrum.

Heute bemühe sich die Stadt um die Aufnahme als UNESCO-Weltkulturerbe. "Für uns ist das Schwe­riner Schloss auch ein wichtiges Zentrum für den Tourismus", sagte die Präsidentin weiter. So habe der Landtagspräsident immer auch den Vorsitz im Tourismusverband, wobei die beiden großen Volksparteien in der Präsidentschaft alternieren. Deshalb sei es auch selbstverständlich, dass der Tourismus immer die Unterstützung der Mehrheit der Abgeordneten finde. Immerhin mache er 8,5 % des Bruttoinlandprodukts aus, und 130.000 Beschäftigte leben vom Tourismus, 8.000 Jugendliche werden ausgebildet, und im vergangenen Jahr konnten 28 Millionen Übernachtungen gezählt wer­den.

In einem Nebensatz bemerkte die Präsidentin, dass der Tourismus Mecklenburg-Vorpommern auch mit Niedersachsen verbinde, nicht nur durch die Gemeinsamkeit der norddeutschen Länder - Gruppe Nordländer, sondern auch weil beide Länder ein Stück gemeinsame Landesgrenze zwischen Witten­berge und Lauenburg an der Elbe haben. Hier sei in Kürze mit einer Änderung des Staatsvertrages zu rechnen, weil es im Bereich des Amtes Neuhaus zu Grenzveränderungen kommen wird, um damit ein einheitliches Naturschutzgebiet bilden zu können. "Wir nehmen diesen Hektar gern, weil wir damit den Naturschutz gemeinsam fördern können", sagte die Landtagspräsidentin.

Der Vorsitzende der Parlamentarischen Vereinigung Niedersachsen e.V., Ulrich Biel, dankte ihr im Namen der Niedersachsen für ihre informative Rede und gratulierte ihr zu diesem Schloss als Sitz des Parlaments. Die Niedersächsische Landtag tage zwar seit 50 Jahren auch in einem 350 Jahre alten, im letzten Krieg völlig zerstörten, neu- und umgebauten Schloss, aber inzwischen sei ausgerechnet der für den Landtag angebaute und 1962 eingeweihte Neubau so marode, dass der Auszug des Parla­ments und mehrjährige Um- und Renovierungsbauten nötig sind. Die niedersächsische Reisedelega­tion, die fünf Tage lang Land und Leute sowie vor allem die wichtigsten Hanse- und Hafenstädte und Ostseeinseln Mecklenburg-Vorpommerns kennen und schätzen gelernt habe, kehre mit sehr guten Eindrücken und Erinnerungen zurück nach Niedersachsen, das nicht nur Agrarland mit mehr Schwei­nen als Menschen sei, sondern auch hervorragende Betriebe habe, von denen einer mit Namen Peli­kan nicht zum Zoo gehöre, sondern weltbekannte Füllfederhalter herstelle, mit denen man keine roten Zahlen zu schreiben brauche. Ulrich Biel verehrte der Gastgeberin einen solchen exzellenten Schreibstift, und außerdem überreichte er ihr zur Erinnerung an den Besuch der niedersächsischen Parlamentarischen Vereinigung eine Tasse aus der niedersächsischen Fürstenberger Porzellanmanu­faktur.

Danach wurde die Reisegesellschaft für die etwas lang geratene Rede der Landtagspräsidentin mit einem hervorragenden Mittagessen in den "Schweriner Schloss Localitäten" entschädigt: Marinierter Rücken vom Mangalikaschwein mit frischen Pfifferlingen und Semmelknödeln, und zum Nachtisch Aprikosen Panna-Cotta. "Zur Verdauung" gab es anschließend eine ausgedehnte Schlossbesichti­gung. Treppauf, treppab ging es durch alle Räume und Gemächer, Türme und Türmchen, Etagen und Treppenhäuser. Etliche Besucher kauften zum Schluss Prospekte und Beschreibungen, um nachzule­sen, was sie gesehen haben. Und fast alle fotografierten den Prachtbau von innen und von außen.

Schwerin - Deutschlands kleinste Landeshauptstadt

Es soll in diesem Reisebericht nicht unerwähnt bleiben, dass die Reisegesellschaft "nebenbei" und zum Abschied auch noch Schwerin als Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern kennen lernte, als kreisfreie Stadt und nach der Gebietsreform die zweitgrößte Stadt des Bundeslandes, aber mit weniger als 100.000 Einwohnern die kleinste Landeshauptstadt in Deutschland.

Die Einwohner bezeichnen Schwerin als die "Stadt der 7 Seen und Wälder". Ihr Wahrzeichen und größter Touristenanziehungspunkt ist das Schloss auf einer Insel zwischen Schweriner See und Burg­see, die über die Schlossbrücke zu erreichen ist. Schwerin erlebte zwar am 7.April 1945, also auch unmittelbar vor Kriegsende, ihren letzten und schwersten Bombenangriff der amerikanischen Flieger auf die Innenstadt, aber im Vergleich zu den anderen Städten in Norddeutschland kam Schwerin noch einmal relativ glimpflich davon, auch weil es hier kaum kriegswichtige Industrie und keine Ha­fenanlagen gab. Während nach dem Krieg unter der sowjetischen Besatzung und der DDR-Herrschaft die notdürftig reparierten übriggebliebenen Bauten der Innenstadt verfielen, wurden hier, wie über­all "im Osten", riesige Plattenbausiedlungen errichtet. Ende der 60-er Jahre war sogar geplant, die gesamte Schweriner Innenstadt bis auf wenige, besonders historisch bedeutsame, Gebäude abzurei- ßen und durch Plattenbauten zu ersetzen. Aber mangels finanzieller Mittel ist dieser Plan Gott sei Dank nicht verwirklicht worden. Oft fehlte selbst das Geld für einen Abriss.

Am 23. Oktober 1989 fand in Schwerin die erste "Montagsdemonstration" statt, zu der sich rund 40.000 Einwohner im Dom und auf dem Alten Garten zusammenfanden. Nach der Wiedervereini­gung wurde die Stadt im Wettbewerb mit Rostock Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern. Wegen der historischen Rolle mit dem Herzogssitz und vor allem wegen der geringeren Kriegszer­störungen, so dass viele Gebäude für die Regierung und Ämter genutzt werden konnten, fiel die Wahl schließlich auf Schwerin. Auch Privatpersonen hatten sich für ihre Stadt eingesetzt; so sammelte die Blumenfrau Bartha Klingberg über 17.000 Unterschriften. Sie wurde später Ehrenbürgerin der Stadt. Ab 1991 erfolgte im Rahmen der Städtebauförderung Ost die gründliche Sanierung des Schlosses und vieler weiterer Gebäude.

Zur Politik erfuhren die niedersächsischen Parlamentarier, dass in der Stadt Schwerin die Linke mit 26,6 % die stärkste Partei und mit 12 Sitzen in der Bürgerschaft den Präsidenten stellt vor der CDU und SPD, beide mit jeweils 22 % und 10 Sitzen. Bei der letzten Landtagswahl am 4. September 2011 lag bei einer Wahlbeteiligung von 58,8 % die SPD mit 35,5 % der Stimmen klar vor der CDU mit 19,%, den Linken mit 17,6 %, Grünen 12,6 %, NPD 3,8 % und FDP 2,4 %. Bei der Bundestagswahl 2009 - unser Besuch fand drei Tage vor der Bundestagswahl 2013 statt - hatte es zwischen CDU und Linken ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit je 29,0 % vor der SPD mit 21,0 % gegeben.

Abschied von Mecklenburg-Vorpommern

Mit dem Besuch der Landeshauptstadt Schwerin hieß es, Abschied nehmen von Mecklenburg­Vorpommern. Um angekündigte Staus auf den Autobahnen zu umgehen, erfolgte die Rückfahrt über die Landstraßen. Doch bevor die niedersächsische Landesgrenze erreicht wurde, hatte der Busfahrer noch den vorgeschriebenen 20-Minuten-Stopp einzulegen. Letzte Station war das Schloss Ludwigs­lust, "das kleine Versailles des Nordens", die frühere Residenz der Schweriner Herzöge bevor sie sie 1837 vom Land wieder in die Stadt zurückverlegten. Nach langen Besichtigungen war niemandem mehr zumute. Nach Kaffeetrinken und Beinevertreten hieß es: "Einsteigen zur letzten Etappe!" Bis Hannover waren es noch 180 Kilometer. Am Ende der Fünf-Tage-Reise waren es dann insgesamt 1.700 Kilometer. Fast pünktlich auf die Minute erreichte der Omnibus um 20 Uhr Hannover und an­schließend Barsinghausen, so dass die Teilnehmer noch ihre Anschlusszüge kriegten oder einigerma­ßen zeitig die Heimreise anderweitig antreten konnten. Wie bei der Begrüßung, so gab es auch zum Abschied das große Hallo und alle guten Wünsche - "bis zum Wiedersehen!" Es war für alle, die dabei waren, wiederum ein großes und sicher unvergessliches Erlebnis, das zu weiteren Reisen dieser Art geradezu einlädt. Den Organisatoren, besonders Udo Mientus und Sabine Sonntag, sowie auch dem Vorstand der Parlamentarischen Vereinigung Niedersachsen e.V. gebührt ganz großer Dank für das gelungene "Unternehmen Meck.-Pom.", dem Busfahrer Peter Schenk großes Lob, dass er seine Rei­segesellschaft sicher und pünktlich und "ohne besondere Vorkommnisse" gefahren und betreut hat.